Für Medizin im digitalen Zeitalter #MidZ haben wir ein Interview mit Mitgründer von Qurasoft Tobias Hastenteufel geführt.
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Sebastian Kuhn: Hr. Hastenteufel, Sie entwickeln mit Ihrer Firma Qurasoft medizinische Apps, unter anderem die Asthma Plus-App. Warum haben zum aktuellen Zeitpunkt relativ wenige dieser Applikationen den Weg in die Versorgungsrealität geschafft?
Tobias Hastenteufel: Wir haben es, speziell in Deutschland, mit einem verkrusteten und in Teilen sehr regulierten medizinischen Marktumfeld zu tun. Startups, die oft ihrer Zeit voraus sind, scheuen den damit verbundenen Aufwand. Denn dieser Markt bedeutet, sich nicht nur mit technischen, sondern auch in hohem Maße mit regulatorischen Fragen auseinanderzusetzen. Wir haben auch erfahren müssen, dass es Vorbehalte gegen moderne Behandlungsansätze gibt. Statt ihnen eine Chance zu geben, werden oft Gegenargumente konstruiert – die wir ohnehin schon intensiv und von Beginn an in der Konstruktion unserer Softwaresysteme bedacht haben. Aber diese ablehnenden Haltungen wandeln sich zur Zeit enorm und die Bereitschaft, sich vorsichtig dem digitalen Fortschritt zu nähern, steigt stetig.
Sebastian Kuhn: Welche Personen und Institutionen müssen involviert werden, damit eine Smartphone-basierte App eingesetzt werden kann?
Tobias Hastenteufel: Fangen wir bei den Menschen an, die nach unserer Erfahrung ein besonders großes Interesse an Telemedizin haben: die Patientinnen und Patienten. Wir konnten bei chronisch lungenkranken Menschen feststellen, dass eine große Dankbarkeit herrschte, denn ein verbesserter Draht zum behandelnden Arzt sorgt, insbesondere im ländlichen Raum mit geringer Arztdichte, für ein besseres Sicherheitsgefühl im Umgang mit der eigenen Krankheit. Die zweite Gruppe sind Ärztinnen und Ärzte, denen wir mit Telemedizin bessere Möglichkeiten zur Steuerung einer guten Behandlung geben. Sie werden in Deutschland von der Kassenärztlichen Vereinigung vertreten. Ganz wichtig ist auch die dritte Gruppe: die gesetzlichen Krankenversicherungen. Sie leisten ihre finanziellen Zuschüsse, damit derartige Systeme für Patienten finanzierbar und die Leistungserbringer lohnenswert sind. Zudem sehe ich die Politik in einer essentiellen Rolle. Sie kann die Menschen mitnehmen und beteiligte Institutionen motivieren, starre Haltungen zu überdenken. Genau diesen Mut braucht es bei allen, und ich bin sicher, dass er für sehr viele ein Gewinn wird.
Sebastian Kuhn: Wenn Sie 5 Jahre in die Zukunft blicken, wie stellen Sie sich die „Medizin im digitalen Zeitalter“ vor?
Tobias Hastenteufel: In fünf Jahren werden Vorbehalte gegen telemedizinische Apps und damit verbundene Hemmungen, diese in die Behandlung zu integrieren, hoffentlich der grauen Vergangenheit angehören. Ärzte werden weiterhin die Behandlungshoheit haben, jedoch durch technisch verbundene und selbstverantwortliche Patienten unterstützt. Sie können Messwerte selbst erfassen und müssen zu deren Auswertung nicht zwangsläufig in den ohnehin schon oft überfüllen Praxen erscheinen. Gerade im ländlichen Raum kann dadurch eine neue Versorgungsqualität erreicht werden, getreu dem Motto: Move data, not patients.